Der Roswell Zwischenfall

Autoren: Christian Bauer. Gesellschaft - Channel 4 - 1995 - 60 min

Im Sommer 1947 war die kleine Stadt Roswell, New Mexico, der Schauplatz eines ungewöhnlichen Ereignisses. Was damals dort passierte, wurde für viele Menschen zum unumstößlichen Beweis: Ihrer Meinung nach hält die amerikanische Regierung seit fast 50 Jahren das größte Geheimnis in der Geschichte der Menschheit vor der Welt verborgen.

Am 8. Juli 1947 gab der Presseoffizier der Luftwaffenbasis in Roswell - dem Standort des streng geheimen 509. Bombergeschwaders, das die Atombomben über Japan abgeworfen hatte - eine Erklärung heraus: Im Besitz der Armee befände sich eine in der Nähe abgestürzte ,Fliegende Untertasse'. Diese Nachricht ging sofort um die ganze Welt. Aber innerhalb weniger Stunden wurde sie wieder dementiert. Eine neue Verlautbarung sprach letzt davon, daß die Armee lediglich einen Wetterballon geborgen habe.

Um die zweite offizielle Verlautbarung glaubhafter zu machen, wurde Major Jesse Marcel, der Abwehr-Offizier des 509. Bombergeschwaders1 Pressephotographen mit Teilen eines Wetterballons und eines Radarzielgerätes vorgeführt. Marcel hatte als Erster die Absturzstelle untersucht und er war der Auffassung gewesen, daß es sich bei dem Wrack um ein außerirdisches Flugobjekt handelte.

Offenbar war alles nur ein Irrtum gewesen, und damit schien die ganze Geschichte erledigt zu sein. Jedenfalls bis 1978. In diesem Jahr führten hartnäckige Gerüchte und eine bemerkenswerte Erklärung des mittlerweile pensionierten Jesse Marcel dazu, daß der Fall Roswell erneut aufgerollt wurde.

Marcel behauptete, daß die erste Pressemeldung im Jahre 1947 auf Wahrheit beruht habe. Die Meldung über den Wetterballon und die Fotos mit den ,,Wrackteilen" seien Teile einer hastig inszenierten Deckgeschichte gewesen. Er bestand darauf, daß bei Roswell in New Mexico eine ,Fliegende Untertasse' entdeckt worden sei - der einzige Fehler habe darin bestanden, diese Nachricht an die Presse weiterzuleiten.

Nun begannen seriöse UFO-Forscher sich ernsthaft mit der Fall Roswell zu beschäftigen. Nach und nach meldeten. sich immer mehr Zeugen. Der zeitliche Abstand, und eine seit der unmittelbaren Nachkriegszeit veränderte Bereitschaft zur Offenheit machten es diesen Zeugen leichter, über ihre Verwicklung in den Fall Roswell zu sprechen.
Unter den vielen Veröffentlichungen zum Thema gibt ,,The Truth About The UFO Crash At Roswell" von Kevin Randle und Don Schmitt - das Ergebnis sechsjähriger Recherchen - den neuesten Stand der Forschung wieder. Im Lauf ihrer Untersuchungen fanden sie einschließlich der mittlerweile im Ruhestand befindlichen Militärs mehr als zweihundert Zeugen. Alle konnten sie über Erlebnisse in Verbindung mit der Entdeckung des UFOs bei Roswell im Jahre 1947 berichten.

Das Gewicht der Beweise, die Vermutung nahelegten, daß es sich bei dem Ereignis bei Roswell um etwas ungewöhnlicheres als die Entdeckung eines Wetterballons gehandelt haben mußte, veranlaßte vor wenigen Jahren den Kongreßabgeordneten von New Mexico, Steve Schiff, die United States Air Force um eine Zusammenstellung aller Dokumente zu dem Geschehen bei Roswell im Jahre 1947 zu bitten. Die Air Force erklärte, daß sie keinerlei Dokumente besitze - auch keine als geheim eingestuften - und verwies ihn an die National Archives. Schiff hatte den Eindruck, daß die Angelegenheit unter den Teppich gekehrt werden sollte, deshalb drängte er das General Accounting Office - eine unabhängige Institution der Regierung, die etwa unserem Bundesrechnungshof vergleichbar ist - den Fall Roswell zu untersuchen, um festzustellen, was dort 1947 tatsächlich geschehen war.

In der Zwischenzeit führte die United States Air Force ihre eigenen Untersuchungen zum Fall Roswell durch. Ihre Ergebnisse, die im Juli 1994 veröffentlicht wurden, zeigten, daß die ursprüngliche Geschichte vom Wetterballon zwar tatsächlich etwas verschleiern sollte, aber nicht die Entdeckung einer ,Fliegenden Untertasse'. Jetzt behauptet die Air Force, Major Jesse Marcel habe Reste eines streng geheimen ,Spionage'-Ballons geborgen. Im Projekt ,Mogul' wurden solche Ballons eingesetzt um die Atmosphäre über Anzeichen russischer Atomversuche abzusuchen. Diejenigen, die ,UFO-Geschichte' glaubhaft fanden, waren von dieser zweiten ,Ballon-Version' nicht sehr beeindruckt, obgleich in ihr immerhin die Air Force eine Verschleierung der eigentlichen Tatsachen eingestand.

Die sensationellste Wendung nahm die Roswell-'Saga' im Juni 1995, als in London ein 16mm-Film auftauchte, den ein bislang nicht identifizierter amerikanischer Kameramann 1947 aufgenommen haben will. Er behauptet, der Film zeige eine Autopsie, die an einem der außerirdischen Leichname vorgenommen worden sei, die zusammen mit einem abgestürzten Raumfahrzeug in der Nähe von Roswell in New Mexico entdeckt worden seien.

Sollte sich dieser, mittlerweile als ,Santilli-Film' bekannte Streifen als authentisch herausstellen, hätte die US-Regierung tatsächlich die Welt all die Jahre getäuscht - und das hatte, vorsichtig formuliert, ernste Konsequenzen. Sollte es sich um einen Schwindel handeln, dann um einen derart kunstvollen, daß die Frage auftaucht1 wer dahintersteckt und welchen Zweck er verfolgt. Im zweiten Fall werden viele unbeirrbare ,UFO-Gläubige' alles mit der Behauptung vom Tisch wischen, daß es sich bei diesem Film nur um einen weiteren Versuch der Desinformation handle, deren Zweck nur darin bestünde, die Glaubwürdigkeit der Roswell-Geschichte zu unterminieren. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem sie der Wahrheit bereits ganz nahe gekommen seien.

In der Gemeinschaft derer, die Geschichten von Fliegenden Untertassen für authentisch halten, gilt der Fall Roswell als Markstein: Kein anderer Vorfall wurde derart detailliert untersucht. Weil man die Realität von UFOs ja nur ein einziges Mal beweisen muß, richtet sich alle Aufmerksamkeit auf Roswell.

Sowohl die Pro- als auch die Kontra-Argumente in der Diskussion um Existenz oder Nicht-Existenz von UFOs stützen sich weitgehend auf das, was 1947 bei Roswell vorgefallen ist.

Der Film

Die Autoren dieses Films haben einen offenen und nach allen Seiten hin vorurteilsfreien Blick auf diese in jeder Hinsicht unglaubliche Geschichte geworfen. Bis zum Ende haben sie versucht, die Glaubwürdigkeit der involvierten Zeugen und besonders die Herkunft des ,Santilli-Filmausschnitts' (von der Autopsie eines Außerirdischen) zu überprüfen.

Natürlich beruhen viele der außerordentlichen Zeugenaussagen, die in diesem Film gemacht werden, auf der Voraussetzung, daß UFOs eine Realität sind. Die Autoren hatten selbst keine vorgefaßte Meinung. Ihr Ziel war, ein für allemal zu erklären, was im Sommer 1947 in der Nähe von Roswell geschehen ist - oder zumindest die wahrscheinlichste Erklärung zu liefern.

Der Film enthält Interviews mit allen Hauptzeugen im ,Fall Roswell', die heute noch leben. Einige von ihnen haben noch nie öffentlich ihre Geschichten erzählt, und einer von ihnen fügt der bisher bekannten Geschichte eine ganz neue Dimension hinzu.

Zu unseren Gesprächspartnern gehörten unter anderen: Walter Haut - Presseoffizier des 509. Bombergeschwaders. Er gab die Meldung über das UFO-Wrack an die Presse. Glenn Dennis - Bestattungsunternehmer in Roswell. Er bekam einen mysteriösen Anruf von der Luftwaffenbasis und sah sich selbst dort auf dem Gelände um.

Frankie Rowe - die Tochter des Feuerwehrmanns Dwyer. Sie hat Wrackteile gesehen. Phyllis McGuire - die Tochter von Sheriff Wilcox. Ihm wurde die Untersuchung des Falls von den Militärs aus der Hand genommen.

Dr. Jesse Marcel jun. - Sohn des Abwehr-Offiziers, der als erster an der Absturzstelle war.

Frank Joyce - Reporter in Roswell im Jahr 1947;

Judd Roberts - Besitzer einer Radiostation in Roswell 1947;

Loretta Proctor; Sappho Henderson; Dr. George Agogino; Frank Kaufman; Col. Rick Tungate.

Der Film zeigt darüber hinaus schwer zugängliche Videoaufzeichungen von Interviews mit wichtigen Zeugen, die seither verstorben sind - darunter mit: Major Jesse Marcel – Abwehr-Offizier des 509. Bombergeschwaders; Col. Thomas DuBose, John Kromschroeder, Sergeant Robert Slusher, Master Sergeant Robert Porter.

Der Kongreßabgeordnete Steve Schiff erklärt sein Interesse am Fall Roswell und dessen Bedeutung für die Balance zwischen Informationsfreiheit und der Notwendigkeit der Geheimhaltung in einer Demokratie. Die Ergebnisse der GAO-Studie, die der Kongreßabgeordnete initiiert hat, werden im Film vorgestellt.

Der Film zeigt unvoreingenommen alle Argumente, die Hypothese eines UFO-Absturzes stützen - auch zum ersten Mal den aufsehenerregenden ,Santilli-Film' von der angeblichen Autopsie eines Außerirdischen.

Mit der Hilfe von technischen Experten der Kodak-Labors, anerkannten forensischen Pathologen vom National Museum of Health and Medicine in Washington und einem führenden Spezialeffekte-Regisseur aus Hollywood versuchen die Autoren des Films aufzudecken, ob der ,Santilli-Film' vom UFO-Absturz bei Roswell authentisch ist oder nicht.

Ohne seinen streng vorurteilsfreien Standpunkt zu verlassen, untersucht der Film verschiedene Erklärungsmöglichkeiten dafür, was tatsächlich bei Roswell geschehen ist – und woher die Verwirrung über diesen Vorfall rührt.

Dazu werden befragt: Der Sprecher der Raketenabschußbasis in White Sands und ein Wissenschaftler, der am Projekt ,Mogul' beteiligt war.

Was auch immer bei Roswell geschehen ist - das Gewicht der Zeugenaussagen legt die Vermutung nahe, daß etwas außerordentliches stattgefunden hat. Ein wichtiger Aspekt der Geschichte ist die Tatsache, daß es anscheinend keinerlei Dokumente darüber gibt - keine Memoranden, keine Notizen - so unbedeutend sie auch sein mögen. Das allein schon wird von unbefangenen Forschern für merkwürdig angesehen. In Verbindung damit präsentiert der Film einen neuen Zeugen, der behauptet, eine Antwort auf die Frage nach den fehlenden Dokumenten zu haben.

Der Film wurde an den Originalschauplätzen und an den Wohnorten der Zeugen gedreht.